
Yoga oder Pilates?
Könnte man vielleicht als so eine Art Gretchenfrage betrachten. Ohne Zweifel sind es zwei große Welten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Wir können die Besonderheiten ja mal ein wenig unter die Lupe nehmen. Yoga ist allumfassend, hat seinen Ursprung in Indien und basiert auf jahrtausendalten Schriften, Philosophien und religiösen Entwicklungen. Dazu gibt es sehr viele Stile, so dass heute jeder für sich seinen eigenen Schwerpunkt findet. Hinzu kommen meditative Übungen und spezielle Techniken, die den Atem kultivieren (“Pranayama”), um Körper und Geist zu harmonisieren. Die im Westen sicherlich bekannteste Form ist Hatha Yoga, aus dem sich wiederum einzelne Stile entwickelt haben, so z.B. der kraftvolle Vinyasa Flow oder Power Yoga. Wer es ruhiger mag und abtauchen, den Körper aber zugleich gezielt und intensiv dehnen möchte, könnte sich im Yin Yoga gut aufgehoben fühlen. Wer mehr Spiritualität sucht, findet sie im Kundalini und auch im Sivananda Yoga, wer vor allem sehr gefordert sein möchte, kommt vielleicht mit Ashtanga oder Iyengar Yoga gut klar.
“Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist”
Patanjali
Es kann also ein Weilchen dauern, bis man seine eigene Yogawelt gefunden hat und sich darin wohlfühlt. Der Einstieg ins Pilates fällt vielleicht ein wenig leichter. Der Ursprung ist interessanterweise auf eine einzelne Person, eben Joseph H. Pilates, zurückzuführen. Seine Motivation lag darin, den Körper zu stärken, die Haltung zu verbessern, die Beweglichkeit zu erhöhen und insgesamt ein gutes Gefühl für Körper und Geist zu entwickeln. Das erreicht man mit Yoga und Pilates gleichermaßen. Pilates ist inzwischen in vielen Welten verankert und wird auch in zugeschnittener Form zur Rehabilitation eingesetzt. Man könnte auch sagen, dass sich Pilates für jeden eignet, da die Bewegungen, egal in in welcher Altersstufe, zu jedem passen bzw. für alle anpassbar sind. Für jede Übung gibt es Variationen, durch die ein leichtes, mittleres oder anspruchsvolles Level erreicht werden kann.
“Breathing is the first act of life, and the last”
Joseph H. Pilates
Was beide Welten vereint, ist der Fokus auf die Atmung. Wenn sich auch die Ausführungen unterscheiden, so sind sich doch beide einig, dass sie für Lebenskraft steht. Eine bewusste, tiefe Atmung stärkt und reinigt die Lungen, kräftigt die Atem(hilfs)muskulatur und lässt den Geist klarer und ruhiger werden.
“It is the mind that shapes the body”
Joseph H. Pilates
Im Yoga spricht man von „Asanas“ (Haltungen), im Pilates sind es Übungen (“Exercises”) oder Bewegungsabläufe. Beide ähneln sich jedoch häufig (z.B. ist die „schiefe Ebene“ aus dem Yoga das „Brett“ im Pilates, der herabschauende Hund ist der „V-Stretch“, „Katze/Kuh“ ist der „Cat Stretch“). Im Yoga werden die Asanas häufig länger gehalten – das kommt im Pilates eher seltener vor, hier fließen die Übungen ineinander, jede mit kurzen Wiederholungssequenzen.
“Man kann den Wert von Yoga nicht beschreiben, man muss ihn erfahren”
B.K.S. Iyengar
Häufig ist die Entscheidung in dieser Sache ein Entweder-oder-Ding. Wer Yoga liebt, dem erscheint die Pilateswelt fremd und umgekehrt. Aber es gibt auch solche, da schließe ich mich ein, die erst den einen Bereich für sich erobern und dann eines Tages auch den anderen entdecken. Zudem gibt es immer wieder Tendenzen, eine „Fusion“ oder ein best of von beidem anzubieten – hier und da auch in Verbindung mit neuen Wortschöpfungen wie „Yogilates“ oder „Yoga-infused Pilates“.

